Rezensionen

Freitag, 12. September 2014

Thema mit Schwergewicht

Von Medizinmann -16. Juli 2013

Format: Gebundene Ausgabe

Mit Ihrem ersten Roman lässt die Autorin HILDA RÖDER. aufhorchen,
War sie bisher eher aufgefallen durch launige Reime, in denen sie offensichtlicht die Kunst des Fabulierens ausgiebig üben konnte, so wagt sie sich nun diesmal in ihrem ersten größeren literarischen Werk an ein Thema von Schwergewicht:
eine unheilbare Krankheit und die in Holland nicht ausgeschlossenen „Lösung“ durch den ärztlich begleiteten Freitod, die Euthanasie.
Durch eine kurze, knappe Sprachen, mit der sie nicht nur die dramatische Entwicklung des „Helden“ HENNIG LANDES von einer ersten Verdachtsdiagnose bis hin zum Entschluss, seinen Hausarzt um Euthanasie zu bitten, beschreibt, sondern auch durch die präzise Beobachtung sowohl der inneren Gefühlswelt als auch der äußeren Umgebung, wird dieser Roman gut lesbar, ja sogar spannend bis kurzweilig.
Dazu tragen auch die verschiedenen Ebenen der Erzählung bei, die die Autorin geschickt mit den Rückblicken und Erinnerungen aus der Anfangsphase der beginnenden Erkrankung mischt. So lernt der Leser gleichzeitig die Situation in unserem Nachbarland der Niederlande kennen seit der deutschen Besatzung im II. Weltkrieg- sowie Ausschnitte danach.

Man spürt schon auf den ersten Seiten: hier spricht jemand vom Fach. Es ist keine Geschichte, die sich eine Autorin ausgedacht hat, um eine eigenen Botschaft zu verpacken und zu transportieren, sondern hier wird in knappen Bildern die Dramatik des wirklichen Lebens angedeutet, wie es jeden von uns treffen kann - und sich tagtäglich auch irgendwo tatsächlich ereignet.
Umso wohltuender ist es, dass HILDA RÖDER es dem Leser erspart, sich mit der persönlichen Ansicht der Autorin auseinander setzen zu müssen. Im Gegenteil, sie verbleibt bei ihrer Erzählung in der Schilderung der Symptome und Gefühle der Beteiligten, ohne eine einfache Lösung auch nur anzudeuten.
So muss der Leser die Entwicklung durch die Krise zur Katharsis mit dem Helden des Romans mitleben, und sich dabei immer wieder der Selbstprüfung unterziehen:
wie hätte ich entschieden ?

Die Leichtigkeit des Schreibstiles kontrastiert angenehm mit der Schwere der Thematik, die anders kaum auszuhalten wäre – und macht den Roman zu einer spannenden Lektüre, die man kaum aus der Hand zu legen wagt, bis man ihn bis zum Ende verschlungen hat.
So bewahrheitet sich wieder einmal die alte Erkenntnis:
die besten Geschichten schreibt das Leben selbst.
Denn die Autorin schöpft nicht nur aus ihrem großen Erfahrungsschatz einer jahrzehntelangen Arbeit in der Pionierzeit der Hospizbewegung, sondern lässt viele Beobachtungen und Erlebnissen aus ihrer eigenen und auch fremden Biographien mit hineinfließen.
So entsteht nicht nur eine erschüttende Beschreibung des Ringens um ein menschenwürdiges Sterben, sondern auch eine indirekte Aufforderung, sich mit diesem Thema selbst zu beschäftigen.
Als Arzt ist man dankbar für diese psychologisch durch Wirklichkeit getränkte Schilderung, erscheint doch die fremde Lösung in der naheliegenden Schweiz so einfach und bequem, weil jenseits einer Staatsgrenze - und damit in anderer Verantwortung.
Und man fragt sich, ob eventuell das Thema Organspende nicht eine ähnliche ideologiefreie Bearbeitung verdient hätte ?

.

Gedanken machen. Jetzt.

23. Juli 2014

Von
Ratina

Rezension bezieht sich auf: Henning flieht vor dem Vergessen (Gebundene Ausgabe)

„Henning flieht vor dem Vergessen“ von Hilda Röder – ein Buch, zu dem ich mehr schreiben werde, als nur die üblichen Pro- und Contra-Punkte, warum es mir gefallen oder nicht gefallen hat.
Um die Inhaltsangabe komme ich aber dennoch nicht herum: Henning ist ein stabiler Endsechziger mit einer wunderbaren Familie, ihm fehlt nichts, er hat Spaß am Leben, nur die Vergesslichkeit, die stört. Als er damit schließlich zum Arzt geht, gibt es die Diagnose Alzheimer. Für Henning ist das der Worst Case, seine größte Angst ist der Verlust der eigenen Würde. Also beschließt er, zu sterben. In Holland ist dies sogar möglich, er kann einen Antrag auf begleitete Sterbehilfe stellen, über den eine Ethikkommission entscheidet. Schließlich ist der da, der Bescheid, Hennig darf sterben – aber will er das wirklich? Er muss es bald tun, solange er noch bei klarem Verstand ist, das ist die Bedingung.
Ich will nicht verraten, wie Henning sich entscheidet, aber dass die Entscheidung schwer ist, kann sich an dieser Stelle wohl jeder denken.
Sterben müssen wir alle. Der eine schnell, der andere langsam. Mit vorheriger „Ankündigung“ durch Krankheit oder völlig aus heiterem Himmel wie bei einem Unfall. Aber rational und geplant, in einem Zustand von noch fast völliger Gesundheit, das ist selten und erst einmal befremdlich.

Viele Tode sind elend. Manchmal, weil die Krankheit elend ist und mit Leid einhergeht, manchmal aber auch, weil der Patient nicht vorgesorgt hat, keine Patientenverfügung mitbringt und unter Maximaltherapie dahinsiecht. Henning soll das nicht passieren, Henning macht sich Gedanken, auch wenn die vor allem für seine Familie schwer zu ertragen sind. Die Bereitschaft, ihn zu pflegen, ist ja durchaus vorhanden, aber seine Furcht vor dem Verlust der Würde ist zu groß, als dass er das annehmen könnte.
Nun die Frage: ist das allein seine Entscheidung? Darf er seiner Familie den Vater, den Opa, den Mann nehmen? Hat die Familie ein Anrecht mitzuentscheiden?
Denn ja, Alzheimer und überhaupt Demenzen sind ohne Frage Mist. Der Mensch verändert sich, wird manchmal unausstehlich, meistens inkontinent und im Endstadium macht es manchmal den Anschein, als sei niemand mehr zu Hause. Alzheimer ist ein langer Abschied auf Raten. Aber macht es das nicht am Ende leichter? Leichter vielleicht als der Schlaganfall an der ungünstigen Stelle, der innerhalb von wenigen Tagen tötet und ohne Vorwarnung kam, mit sofortigem Bewusstseinsverlust und ohne Möglichkeit, sich zu verabschieden? Ich hab keine Antwort darauf.
Das Buch hier auch nicht. Dankenswerterweise wird auf den erhobenen Zeigefinger verzichtet, die Autorin hält sich mit ihrer Meinung hinter dem Berg und erzählt ohne großes Tränendrüsengedrücke Hennings Weg zur Entscheidungsfindung. Was nicht heißen soll, dass die Geschichte trocken oder zu sachlich daherkommt. Nur eben nicht unnötig sentimental.

Ein gelungenes Buch zum Thema Sterbehilfe also, das nicht mit Antworten kommt, die es vielleicht sowieso nicht gibt. Zumindest nicht allgemeingültig. Was dieses Buch aber bietet, ist der Anreiz, sich mit dem Thema Tod und Sterben und der Frage nach der eigenen Würde auseinanderzusetzen. Und auch damit, ob man selbst über sein Abtreten entscheiden sollen darf.

Ich kann nicht alle Fragen, die sich anhand Hennings Geschichte aufwerfen, in dieser Rezension nochmal wiederholen – vermutlich stellt sich sowieso jeder andere.
Was ich mir wünsche, das wünsche ich mir an dieser Stelle als Medizinerin. Leute, macht euch Gedanken. Über das Lebensende, über Organspende und Patientenverfügungen. Das Leben kann schneller vorbei sein, als einem lieb ist. Ein Patient kommt mit etwas, das nach Nasennebenhöhlenentzündung klingt, und geht mit der Diagnose tödlicher Hirntumor. Die bereits erwähnte Schlaganfallpatientin, über deren Bett sich die Angehörigen stritten, ob man sie nicht doch noch der Neurochirurgie zuführen sollte.
Nicht jeden Fall kann man durch eine Patientenverfügung oder einen Organspendeausweis regeln, es macht den Abschied auch nicht schöner, aber es erleichtert vielleicht bestimmte Entscheidungen.

Sicherlich könnte ich jetzt auch noch sehr viel mehr erzählen, aber ich lass es jetzt mal gut sein. Man lese einfach dieses Buch. Und mache sich seine Gedanken

HILDA RÖDER

Autorin

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